Lebenslang Lernen – dank EdTech

 

Immer mehr Unternehmen auch aus dem Mittelstand erkennen, wie wichtig Bildung für die Motivation und die Innovationsfähigkeit ihrer Mitarbeiter wird. Die Digitalisierung treibt die Entwicklung voran, führt aber auch zu grundsätzlichen Fragen.

Individuelles Lernen durch EdTech

EdTech, Bildung und Weiterbildung mithilfe digitaler Technik also, bietet fantastische Möglichkeiten für das Lernen der Zukunft – das sogenannte „Lebenslange Lernen“. Eine Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass sich die Kultur in den Unternehmen ändert. Neulich war ich in einem Maschinenbau-Unternehmen, wo es immer noch so wie früher abläuft. Die Führungskraft und die Mitarbeiter setzen sich am Jahresanfang zusammen, und der Chef sagt dann jedem Einzelnen, welche Weiterbildung er in den nächsten zwölf Monaten besuchen soll.

Nun stellen wir in den letzten Jahren immer öfter fest, dass insbesondere jüngere Teilnehmer in einem Seminar relativ schnell gelangweilt sind und dann abschalten. Für manche ist es einfach nur nervig, wenn sie zwei Tage in einem Kurs sein müssen, obwohl sie sich nur für 20 oder 30 Prozent der Inhalte tatsächlich interessieren. Ob für die eine verordnete Weiterbildung viel bringt, ist zweifelhaft.

Die Klaviatur der Bildungsformate wird größer

Da ist es gut, dass die Klaviatur der angebotenen Bildungsformate aufgrund der Digitalisierung größer wird. Die neuen digitalen Formate und die wachsenden Angebote bringen aber nicht nur eine neue Vielfalt, sondern machen auch eine andere Herangehensweise leichter möglich. Dann ordnet der Chef eben keine bestimmte Weiterbildung an – sondern fragt: „Hey, lieber Mitarbeiter, was möchtest du denn lernen? Das muss nicht mal ein Thema sein, das einen direkten Bezug hat zu deiner jetzigen Position oder zu seinem Arbeitsinhalt. Sondern suche dir einfach was raus, woran du Interesse hast, worüber du mehr erfahren möchtest.“

Jeder ist für seine Weiterbildung und damit Beschäftigungsfähigkeit selbst verantwortlich!

Jeder Mitarbeiter wird verantwortlich für seine persönliche Weiterbildung. Er muss selbst überlegen, was er braucht, um morgen noch beschäftigungsfähig zu sein. Das kann ein Big Data-Kurs sein. Oder er bucht für sich einen Robotik-Kurs. Oder er nimmt an einem Präsentationstraining teil. In jedem Fall bekommt er neue Impulse, lernt etwas Neues hinzu. Ob er das dann sofort gewinnbringend für das Unternehmen einsetzen kann, ist eine andere Frage. Aber es sorgt schon mal dafür, dass der Mitarbeiter selbstbestimmt mit seiner Ressource Weiterbildung umgehen kann.

Die Vorteile: Das wirkt in jedem Fall motivierend – und stärkt die Bindung zum Unternehmen, was in Zeiten des Fachkräftemangels nicht zu unterschätzen ist. Darüber hinaus stärkt es die Verantwortung jedes Einzelnen, für sich, aber auch für die Perspektive des Betriebs. Und das ist es, was künftig zählt: Wir brauchen Mitarbeiter mit einem hohen Grad an Eigeninitiative, die für sich selbst, aber auch für das Unternehmen Verantwortung übernehmen. Das ist der Nährboden für Innovation.

EdTech und die Diskussion um Daten

Darüber hinaus erfahren wir dank EdTech eine Menge über jeden einzelnen Mitarbeiter. Es entsteht eine Transparenz des Lerners, eine Weiterbildungsbiografie. Ich bekomme dann mit: Mitarbeiter X hat sich ein Video angeschaut, wie man Scheinwerfer montiert, und er hat auch mal vor einem halben Jahr eine Lerneinheit zum Thema „Formeln berechnen in Excel“ gemacht. Allerdings erfahre ich womöglich auch: Wie lange hat er denn gebraucht, um den dazugehörigen Online-Test zu bestehen? Ist er womöglich zunächst durchgefallen? Es könnten durchaus Kriterien für eine künftige Kündigung sein, wenn eine Unternehmensleitung festgestellt hat, da lernt einer nicht so gut, wie sie sich das vorstellt.

Eine Diskussion um die Grenzen des Machbaren im Bereich der EdTech wird kommen. Und sie ist notwendig. Trotz der Datenschutz-Grundverordnung werden wir zunehmend mehr Lerndaten sammeln. Und dann stellt sich die Frage: Was machen wir damit? Wird eine Führungskraft in Zukunft zum Beispiel sagen: Liebe Personalabteilung, gebt mir mal die Lerndaten von dem Bewerber XY? Dann sehe ich, ob der bereit ist zu lernen. Engagiert der sich in der Freizeit? Schmort er nur in seinem eigenen Saft oder ist er offen für Anregungen?

Oder ich stelle fest: 20 Prozent meiner Mitarbeiter in der Produktion nehmen an Weiterbildungen nicht Teil, obwohl wir es ihnen angeboten haben. Welche Schlüsse ziehen wir draus? Was machen wir mit diesen 20 Prozent? Wenn jemand digital lernt, weiß ich, wann, wo, mit welchem Gerät er lernt. Ich weiß, wie er in seinen Erfolgskontrollen abschneidet. Ich weiß, wie er sich in Social Learning Networks einbringt. Gibt er sein Wissen bereitwillig weiter oder behält er es für sich? Ich erhalte also komplette Transparenz über den Lerner – wenn wir keine Grenzen ziehen. Die Unternehmen sind gefordert, für sich einen Digital-Learning-Werte-Kodex zu erstellen und danach zu handeln. Wird das kommuniziert, wird das Vertrauen der Mitarbeiter wachsen – und die positiven Effekte stellen sich ein.

Auf dem Weg zur EduChain in Anlehnung an die Bockchain

Und zu denen gehört aus Unternehmenssicht auch, dass die Qualität der Weiterbildung zunehmend messbar ist. Nicht nur der Lernende wird transparent, der Lehrende wird es auch. Und, um zurück zum Thema Eigenverantwortung zu kommen: Wir ermöglichen es Mitarbeitern, an ihrer Bildungsbiografie zu arbeiten – im wörtlichen Sinne. Wir können davon ausgehen, dass es bald eine EduChain gibt, eine lückenlose Dokumentation all meiner Lernerfahrungen, Abschlüsse, Weiterbildungen und Qualifizierungen – alles wird in einer digitalen Mappe gespeichert. Mein Wunsch wäre, dass jeder Lerner die Hoheit über seine Daten hat, und diese dann zum Beispiel in einem Bewerbungsprozess für die Personalabteilung freischalten kann.

Heute ist Bildung fragmentiert. Ich bekomme ein Abitur-Zeugnis. Ich bekomme meinen Bachelor- und meinen Master-Abschluss. Dann habe ich einen Excel-Kurs belegt und vielleicht noch ein Rhetorik-Training und darüber Bescheinigungen erhalten. Aber gesammelt habe ich das nicht. Mit der Edu-Chain würde das „Lebenslange Lernen“ dagegen greifbar werden – wie eine Sammelmappe, die ich Stück für Stück weiter fülle.

Live Webinare für Führungskräfte – Blick über den Tellerrand ermöglichen

Immer mehr Unternehmen, auch aus dem Mittelstand, merken, dass Bildung und Lebenslanges Lernen immer wichtiger werden. Ein Praxisbeispiel: Wir unterstützen ein mittelständisches Unternehmen dabei, an jedem ersten Montag eines Monats für seine Führungskräfte ein Live-Webinar von 75 Minuten zu ganz unterschiedlichen Themen anzubieten – Werte und Normen, Datenschutz, Technik für Kaufleute, was auch immer. Es geht darum, die Chefs zu öffnen, sie neugierig zu machen auf neue Entwicklungen. Diese leitenden Mitarbeiter hatten bisher nie an einem Webinar teilgenommen. Sie hatten nicht mal ein Headset am Arbeitsplatz, mit dem sie hätten teilnehmen können. Die haben sich anfangs noch ganz holprig in diesem virtuellen Schulungsraum benommen.

Es ist faszinierend zu sehen, wie selbstverständlich das schon wird, wenn die Teilnehmer dann zwei, drei Mal dabei waren. Dann lachen sie in diesem Chat, dann tauschen sie sich aus. Dann stellen sie Fragen, dann heben sie die Hand. Und dann sehe ich, dass sich alle darauf einlassen. Das ist für mich EdTech im besten Sinne.

 

Auf der EdTech Konferenz erhalten Sie gute Einblicke in neue Bildungstechnologien und der Austausch zur Ethik in der digitalen Bildung kommt auch nicht zu kurz.