Lernprozessbegleitung: Warum sie heute so wichtig ist
In einer Welt, in der Wissen ständig wächst und sich Arbeitsanforderungen dynamisch verändern, geht es nicht mehr nur darum, Wissen zu vermitteln - Wichtig ist, Lernende gezielt zu begleiten, damit sie sich sicher und selbstbewusst weiterentwickeln können.
Lernprozesse sind dazu zunehmend selbstgesteuert, hybrid und/oder digital – das stellt Lernende wie Begleitende vor neue Herausforderungen:
- Lernende sind keine leeren Gefäße, sondern aktive Gestalter:innen ihres Lernprozesses.
- Motivation und Transfer sind zentrale Erfolgsfaktoren – beides braucht Begleitung.
- Lernen wird individueller, diverser, emotionaler – und verlangt nach neuen Rollenmodellen in der Weiterbildung.
Eine gute Lernprozessbegleitung sorgt genau hier für Halt, Orientierung und Entwicklungsspielraum – und wirkt wie ein Katalysator für nachhaltiges Lernen.
Das 4-Rollen-Modell: Eine mögliche Grundlage für Lernprozessbegleiter:innen
Ein bewährter Orientierungsrahmen für die Lernprozessbegleitung ist das 4-Rollen-Modellder E-Moderation nach Dr. Katja Bett (2011). Es hilft, die Aufgaben als Lernprozessbegleiter:in strukturiert wahrzunehmen und flexibel auf unterschiedliche Lernbedarfe zu reagieren.
1. Organisatorische Rolle – Struktur ermöglichen
Lernende brauchen Klarheit. In dieser Rolle sorgst du dafür, dass der Lernprozess gut vorbereitet und organisiert ist. Du planst Lernphasen, koordinierst Termine, bindest relevante Personen ein und hältst alle auf dem Laufenden.
Typische Aufgaben:
- Zeitpläne und Lernpfade abstimmen
- Lernressourcen zur Verfügung stellen
- Kommunikationsschnittstelle zur Personalentwicklung oder Fachabteilungen
Beispiel:
Du betreust eine Lerngruppe im Rahmen eines Qualifizierungsprogramms. Zu Beginn jeder Woche verschickst du eine strukturierte Statusmail im Stil von „Was war – was kommt – was ist wichtig?“, in der du Rückblicke, aktuelle Aufgaben und Hinweise zum weiteren Verlauf übersichtlich darstellst. Das schafft Transparenz und Sicherheit – besonders bei selbstorganisierten Lerneinheiten.
2. Motivationale Rolle – Haltung und Energie fördern
Lernen gelingt besser, wenn es emotional positiv besetzt ist. Als Lernprozessbegleiter:in gestaltest du eine motivierende Lernumgebung, stärkst die Eigenverantwortung und hilfst, mit Rückschlägen umzugehen.
Typische Aufgaben:
- Vertrauensvolle Atmosphäre schaffen
- Lernende individuell stärken und aktivieren
- Reflexion und Feedback ermöglichen
Beispiel:
Eine Teilnehmerin zweifelt an sich, weil sie eine digitale Methode nicht versteht. Du nimmst dir Zeit für ein kurzes Gespräch, vermittelst ihr ein Lern-Tandem mit einem erfahreneren Kollegen und erinnerst sie an ihre bisherigen Fortschritte. Durch dieses gezielte Mutmachen steigt ihre Zuversicht deutlich – und sie bleibt engagiert am Ball.
3. Methodische Rolle – Lernprozesse gestalten
Du steuerst nicht die Inhalte, sondern den Lernweg. Als methodisch versierte:r Lernprozessbegleiter:in unterstützt du Lernende dabei, geeignete Methoden zu wählen, Lernziele zu klären und individuelle Strategien zu entwickeln.
Typische Aufgaben:
- Beratung zu Lernmethoden und Selbstorganisation
- Begleitung bei der Erstellung von Lernplänen
- Anregung zur Reflexion über Lernverhalten
Beispiel:
Ein Auszubildender hat Mühe, sich auf seine Zwischenprüfung vorzubereiten. Gemeinsam entwerft ihr einen Wochenlernplan mit kurzen, überschaubaren Etappen. Du schlägst vor, mit einem Lernjournal zu arbeiten, um Erfolge und Hürdensichtbar zu machen. Bereits nach wenigen Tagen fühlt er sich strukturierter und motivierter.
4. Wissensvernetzende Rolle – Brücken bauen
Du musst kein:e Fachexpert:in sein – wohl aber eine kluge Lots:in. In dieser Rolle bringst du Lernende mit relevanten Inhalten, Tools oder Menschen zusammen, die ihr Lernen bereichern.
Typische Aufgaben:
- Kontakte zu Fachexpert:innen oder erfahrenen Kolleg:innen herstellen
- Inhalte aus Lernplattformen oder Fachmedien kuratieren
- Beratung zu Lernpfaden und ergänzenden Angeboten
Beispiel:
Ein:e Kolleg:in möchte sich tiefer mit agiler Projektarbeit beschäftigen. Du recherchierst passende Lernressourcen im LMS, stellst den Kontakt zu einer erfahrenen Kollegin aus einem agilen Team her und hilfst, daraus einen eigenen Lernpfad zu entwickeln. So entsteht ein Lernprozess, der inhaltlich passt und praxisnah verankert ist.
Beispiel: Lernpfade, z.B. in einem Lernmanagementsystem erstellen, passende Trainings auf verschiedenen Lernplattformen oder im Internet empfehlen.
Fazit
Lernprozessbegleitung wirkt – individuell, situativ, strategisch.
Lernprozessbegleitung ist keine Zusatzaufgabe, sondern Schlüsselkompetenz moderner Weiterbildung. Sie stellt die Lernenden in den Mittelpunkt, schafft Raum für Entwicklung und bringt Struktur in Komplexität.
Wer als Lernprozessbegleiter:in agiert, fördert nicht nur Wissen, sondern Kompetenz, Haltung und Selbstverantwortung – und prägt damit aktiv die Lernkultur von morgen.
Wie begleitest du Lernprozesse in deinem Unternehmen?
Wir freuen uns über den Austausch – besuche eines unserer Gratiswebinare zu verschiedenen Themen oder sprich uns direkt an, um dich, dein Team oder dein Unternehmen individuell zum Thema Lernprozessbegleitung zu unterstützen. Wir freuen uns auf deine Kontaktaufnahme!
Quellen:
Bett, K. (2011): Rollen- und Funktionsmodell der E-Moderation. Eine qualitativ-quantitative Inhaltsanalyse der kommunikativen Akte von E-Moderatoren und E-Moderatorinnen in einem virtuellen Seminar. Dissertation. Universität Tübingen.